Dr. Null oder das Nichts der Gegenwart

Dr. Null – Texte gegen das Unmögliche (Ankunft in Port Elizabeth)

Das Phantom betört die Schönheit, will es in den Hades zerren, die Musik brüllt auf; gibt es ein Entrinnen?

Ich fühle mich so endlos hilflos! Seit 4 Monaten versuche ich einen Job zu bekommen, aber es scheint, als ob alle Versuche im Nebel des Unvermögens versanden. Wir haben eine sehr schöne Wohnung in Port Elizabeth gefunden. Die letzten Abende habe ich damit verbracht, meine Photographien aus beiden Ausstellungen* aufzuhängen. Ich habe Bewerbungen an Helpage in Zimbabwe, an Water Aid in London, an Care in USA, I.D.T. in RSA, an Care, an World Vision, an UNICEF in Mosambik, an Environmental Water Services in Johannesburg, an Rural Community Services in East London, an die Urban Foundation in P. E., an M. Whyte in Johannesburg, an … aber der Drachen hat keine Antworten ausgespuckt.

Wir waren mit Ian Johnson in Harare, aber ich fühlte mich so ausgebeutet, ausgenutzt, so sinnlos am Platz, dass wir beschlossen, bei Nacht und Nebel abzuhauen und es in Port Elizabeth zu versuchen. Mir scheint, dass es die letzte Station in Südafrika sein wird. Ich komme einfach nicht mehr auf die Beine. In 5 Tagen ist mein Visa abgelaufen, was dann? Mit ihr wollte ich gerade ein Eis essen gehen, nachdem wir durch die Stadt gelaufen waren. Vor dem Eisladen drehte sie sich um und weigerte sich, dort Eis zu essen. Es war mir nicht möglich, aus ihr herauszukriegen, was denn falsch an dem Laden sei. Tage zuvor weigerte sie sich, beim Chinesen um Auskunft zu fragen. Mit denen spricht sie nicht. Dabei war in dem Laden von Singapur Airlines gar kein Chinamann oder -frau zu sehen, sondern nur Menschen, die dieses Kauderwelsch von Afrikaans plappern; das ist ja nun mal ihre Muttersprache. Nach dem Eisladen desaster haben wir uns heftig gestritten, nun ist Dunkelheit im Lande der Eintracht und die Sprachlosigkeit zertrümmert die schleppende Aussicht auf Hoffnung. Die finanziellen Mittel verrinnen, deshalb haben wir heute eine Annonce für das Wochenende aufgegeben. Vielleicht können wir den Atari, ein Notebook sowie eine Leica R4 und das Steiner Fernglas verkaufen. Das wäre dann erst einmal ein Anfang. Ich denke, für das darauffolgende Wochenende werde ich dann versuchen, den Leitz Focomat, den Sony-Fernseher und das Musiksystem abzustoßen. Dann bleiben im Wesentlichen nur noch die Ausstellungsfotos und die Bücher übrig, aber vielleicht fällt mir dazu auch noch etwas ein.

Mir gefällt P.E. eigentlich ganz gut, es wäre nicht schlecht, hier für eine Zeit am indischen Ozean zu bleiben, ich weiß nur nicht, wie ich das anstellen soll? Ich schwanke dazwischen, alles auf zwei Reisetaschen zu reduzieren oder mir hier ein Zuhause aufzubauen. Ich denke, es wird einfacher sein, die zwei Reisetaschen zu verwirklichen. Mit dem Rest kann ich dann durch die Weltgeschichte tingeln, sofern es etwas zu tingeln gibt. Aber mit einem Job für einem Jahr oder so könnte ich dann bis zur nächsten Arbeit überwintern. Ist das eine Alternative oder ein Traum? Immer wieder denke ich, dass es für mich scheinbar keine Alternativen gibt, entweder ist die Arbeit interessant, ich tue etwas, was ich für sinnvoll halte, dann steht es mit den Beziehungen schlecht, oder ich habe eine halbwegs intakte Beziehung, dann funktioniert die Arbeit nicht, so wie jetzt im schlimmsten Fall, in dem ich arbeitslos bin. Ohne Arbeit kann ich nicht existieren, wie logisch, von irgend etwas muss der Schornstein rauchen, aber ohne die Liebe ist das Leben auch nur ein Existieren im Sumpf der Einsamkeit.

Für Morgen habe ich mir meinen Kampfplan ausgearbeitet; von Tag zu Tag werde ich Entscheiden, wie es weitergehen soll! Vielleicht ist meine Bewerbung bei Helpage in Zimbabwe ein Erfolg. Morgen früh werde ich wieder in Harare anrufen und mit Derick Ferguson oder Herrn Nhong reden. Seit zwei Wochen liegt meine Bewerbung bei MSF (De), aber es passiert nichts. Sie werden sich melden, nur wann? Sie sagte, es lägen hunderte Bewerbungen vor. UNHCR musste ich 5 mal meine Unterlagen faxen und zigmal anrufen, bis endlich meine Papiere bei Frau Djuke auf dem Tisch lagen. Das muss ein grenzenloser Sauhaufen sein. Im Fernsehen werben sie dringend für „Aid“-Arbeiter, meldet man sich dann bei ihnen, können sie die Daten nicht finden.

* Berlin Wall Graffiti (Johannesburg, Windhuk, Kapstadt), Hluphekani – The place of suffering

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