Morgendämmerung

Morgendämmerung
oder
schlaflos im Dunkel der Nacht

Und ich fragte eine alte Frau
wie alt sie sei
und sie sagte
mein Sohn
so alt
wie die Wolken
und sie sagte
mein Sohn
so alt
wie das Licht
am hellsten Tag

Und ich fragte eine alte Frau
wie arm sie sei
und sie sagte
so arm
so dürr das Gras
am Rande der Wüste
und sie sagte
so leer
der Fluss der Wüste
im Sommer

Und dann
ich fragte
wann sie sterben wird?
und sie sagte
das Alter
ist Leben
und das Alter
ist der Tod
gestorben
bin ich schon lang‘
doch das Leben
ist mein!

Und am Rande der Straße
verloren im Dreck
stand einsam
stand leer
und hungrig
der Bettler
und er sagte
Du bist Reich
doch der Tag
der ist mein

Und ich sagte
verdreht
sind die Strahlen
einsam das Licht
doch am Morgen
des Tages
wenn das Tau
die Sonne bricht
steh ich am Rande
des Kraters
sehe des Vulkans
finstre Gesicht
stehst du an der Straße
hältst auf die
die verdörrte Hand
zum Empfang
was andere dir nahmen
und schreist
stumm
und verzweifelt

Die Sonne scheint immer
ist verbranntes Licht
die Sonne sieht niemals
deine Armut nicht
will brennen
will drehen
sie kennt nur sich selbst

Einsamer Freund
sieh hinauf
und hilf Dir selbst!

(16.9.83)

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